Wie
ist es möglich, dass ein Mensch Verbrechen zugibt, die er gar
nicht begangen hat? Nur auf eine Weise, nämlich aufgrund der Anwendung
physischer Gewalt zur Geständniserpressung – indem man ihn bis
zur Bewusstlosigkeit foltert und ihn seiner Urteilsfähigkeit und
seiner menschlichen Würde beraubt. Auf diese Weise kommen Geständnisse
zustande.“
Nikita
Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPDSU imFebruar 1956
Das
Lager Sachsenhausen war das größte NKWD-Lager auf deutschem
Boden. Der NKWD war der sowjetische Geheimdienst. Es war, wie alle
diese Lager, ein Todeslager. Von Anfang an kam es zu einem Massensterben.
Von 123 000 Häftlingen in der ganzen sowjetischen Besatzungzone
starben etwa 43 000, das sind ca. 35 % oder jeder Dritte. In den
Massengräbern in Sachsenhausen liegen ca. 12 000 Tote. Oberste
Maxime der Lager war die Inhumanität, es fehlte an allem, was zum
Überleben erforderlich war. Dazu kam die totale Rechtlosigkeit der
Gefangenen. Hilflos waren sie den Schikanen der oft kriminellen Funktionshäftlingen und der Lagerleitung ausgesetzt.
Wichtigste
Waffe des NKWD war der Hunger. Er tat sein schreckliches Werk still
und mit tödlicher Sicherheit. Die Häftlinge magerten zu Skeletten
ab, ihre inneren Organe verkümmerten bis sie schließlich verhungerten
oder an einer der vielen im Lager grassierenden Krankheiten starben.
Die eindrucksvollen Kohlezeichnungen des Malers Wilhelm Sprick,
der viele Jahre in mehreren Lagern Schreckliches erdulden musste,
machen das Elend der Gefangenen sichtbar. Er nennt sie „Bilder gegen
das Vergessen“.
Die
Lager waren Schweigelager. Sie waren hermetisch von der Außenwelt
abgeschlossen. Kein Außenstehender durfte das Elend der Gefangenen
und ihren tausendfachen Tod sehen. Die Stalinisten wussten um das
Verbrecherische ihrer Taten und verbargen sie sorgfältig vor der
Welt. Lediglich die Angst war willkommen, die aus den Lagern hervor
kroch und sich wie ein Pesthauch über das Land legte. Denn sie machte
die Menschen gefügig, sich der roten Diktatur zu unterwerfen, und
die Propagandalüge zu glauben, allein die DDR betreibe eine richtige
Entnazifizierung und führe in den Lagern Naziverbrecher ihrer gerechten
Strafe zu.
Die
strenge Isolierung der Gefangenen von der Außenwelt brachte dem
NKWD einen weiteren Vorteil. Sie zersetze den Lebenswillen Vieler,
die unter der Ungewissheit über das eigene Schicksal und das ihrer
Angehörigen qualvoll litten.
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