Gedenkstein  

„Vergesst uns nicht“
- Vergesst uns nicht, waren die letzten Worte so manchen Häftlings, der in den Armen eines Kameraden starb, war die Botschaft aus den letzten Blicken vieler Sterbender. „Vergesst uns nicht“ das ist der Auftrag, dem wir uns verpflichtet fühlen.
 
 

Gefangene
Zeichnung: Wilhelm Sprick


 

Buchcover G. Fippel  

Günter Fippel:

Demokratische Gegner und Willküropfer von Besatzungsmacht und SED in Sachsenhausen
(1946 bis 1950)

Das sowjetische Speziallager Sachsenhausen -
Teil des Stalinschen Lagerimperiums

Universitätsverlag Leipzig August 2008
270 Seiten, Preis 32,- € ISBN 978-3-86583-251-8


Unter Mitarbeit von Paul Radicke
Mit einem einführenden Essay von Klaus-Dieter Müller
Herausgabe und Redaktion: Klaus-Dieter Müller und Mike Schmeitzner

Rezension:

Die Geschichte der sowjetischen Speziallager auf deutschem Boden nach Ende des Zweiten Weltkrieges gehört zu den bislang allzuwenig erschlossenen Feldern zeitgeschichtlicher Forschung. Zur Brisanz des Themas trägt freilich ebenso bei, daß Vergleiche zwischen Apparat und Praxis nationalsozialistischer Repression und stalinistischer Unterdrückung ein unverändert kontrovers diskutiertes Sujet sind, in das die beteiligten Seiten gewichtige Argumente einbringen. In der Situation einer also noch längst nicht abschließend geführten Diskussion ist eine empirische Bestandsaufnahme umso willkommener, als sie angesichts prinzipiellen Streits jene Tatsachen und Entwicklungen für die Nachwelt sichert, die bislang nicht hinreichend dargestellt worden sind bzw. mit dem Verlust der Zeitzeugen für immer verloren gehen können.

Günter Fippels Untersuchung zum sowjetischen Speziallager in Sachsenhausen, dem wohl bekanntesten Lager dieser Art, erhebt zunächst und vor allem den Anspruch, diesem lange verdrängten Kapitel geschichtlicher Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen.Er beschreibt dazu den Umbau des vormaligen NS-Konzentrationslagers zum Speziallager, gewährt bislang so nicht gelesene Einblicke in den Lageralltag und präsentiert in Form von Fallbeispielen repräsentative Einzelschicksale, die Häftlinge am Ort erlitten.

Eine zweifellos komplizierte Fragestellung nimmt der Autor im abschließenden Teil in den Blick, der Sachsenhausens Platz im System des sowjetischen GULag zu bestimmen sucht. Denn unstrittig bleibt das Recht der Alliierten nach 1945, Veranwortliche für die Kriegsverbrechen zu bestrafen und dabei auch Härte zu zeigen. Daß darüber hinaus sehr viele Unschuldige in den Sog dieses menschenverachtenden Apparates hineingerissen wurden, gehört zu den großen Tragödien, deren geschichtlicher Platz noch der genauen Bestimmung harrt. Insoweit ist diese Einbettung fern jeder Auf- oder Abrechnung ein Gewinn, der dem Buch den Charakter einer Pionierstudie verleiht. dieses Buch wird künftighin zu den Standardwerken zum Thema zählen.

Die Geschichte der sowjetischen Speziallager auf deutschem Boden zählt zu den bislang noch immer wenig erschlossenen Feldern zeithistorischer Forschung. Liegt allein darin schon Ansporn zu weiteren Forschungen, tritt ebenso gewichtig hinzu, dass der Vergleich zwischen Apparat und Praxis nationalsozialistischer Repression und stalinistischer Unterdrückung an 'Orten mit doppelter Vergangenheit' hierzulande ein intensiv erörtertes Thema ist.

Den dazu geführten Kontroversen mangelt es zuletzt weder an Emotionen noch an politischen Aufladungen. In dieser Situation sind umfassende empirische Bestandsaufnahmen umso willkommener, als sie zusätzliches Wissen um Tatsachen und Entwicklungen bereitstellen, neue Einblicke und Einsichten eröffnen und nicht zuletzt bewahren, was mit dem unvermeidlichen Verlust von Zeitzeugen verloren zu gehen droht. Günter Fippels pointierte Untersuchung zum Speziallager Sachsenhausen erhebt zunächst und vor allem den Anspruch, diesem lange wenig diskutierten Kapitel geschichtlicher Wahrheit zu neuer Geltung zu verhelfen.

Dazu beschreibt er die Umgestaltung des vormaligen NS-Konzentrationslagers zum sowjetischen Speziallager, schildert plastisch die Abläufe in einem kümmerlichen Häftlingsalltag, zeigt typische Aspekte der Konstituierung einer Lagergesellschaft und präsentiert anhand von Fallbeispielen repräsentative Einzelschicksale, die Gefangene am Ort durchlitten.

Eine komplizierte Fragestellung nimmt der Autor in den Blick, indem er den Platz Sachsenhausens im System des sowjetischen GULag zu bestimmen sucht. Denn das Recht der alliierten Siegermächte nach Kriegsende, Verantwortliche für Verbrechen zu bestrafen und dabei auch Härte walten zu lassen, war und ist unbestritten. Dass aber auch viele Unschuldige hier in den Sog eines menschenverachtenden Apparates stalinistischer Willkür gerieten, der seinen Ausgangspunkt weit vor dem Kriegsgeschehen genommen hatte und dessen Genese noch längst nicht umfassend erkannt ist, der sich nun über die von der Sowjetunion im Krieg gewonnenen Territorien ausbreitete, zählt zu den großen Tragödien, die dem 20. Jahrhundert seine Signatur verleihen.

ZUR VERLAGSVORSTELLUNG



http://www.buchhandlung89.de/Personen-Referenten-Strafgefangene-Zeitzeugen-Biographien-Fuehrer/Bettina-Greiner  

Bettina Greiner:

Verdrängter Terror.
Geschichte und Wahrnehmung sowjetischer Speziallager in Deutschland.
Hamburger Edition 2010, 526 Seiten,

35 € oder 7€ hier

Trotz aller gebotenen Unterscheidung von ihren nationalsozialistischen Vorläufern gibt es „keinen Grund, die Speziallager nicht bei dem Namen zu nennen, der ihnen zusteht: Konzentrationslager. Und auch eingedenk des historischen Hintergrunds gibt es keine Veranlassung, die Gefangenen, Internierte wie Verurteilte sowjetischer Militärtribunale, nicht als die Gruppe kenntlich zu machen, die sie tatsächlich waren: politische Häftlinge von Stalins Gnaden.“| TS

Rezension Welt | Bundeszentrale für pol. Bildung