FORUM ZUR
AUFKLÄRUNG
UND ERNEUERUNG
 
 

Brief an die designierte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel:


Ehrenpension für politisch Verfolgte in der DDR – Entschädigungszahlungen an deportierte deutsche Mädchen und Frauen

CDU-Bundesvorstand
Die Vorstandsvorsitzende
Frau Dr. Angela Merkel
Klingelhöferstraße 8
10785 Berlin

 

Antwort von Volker Kauder,
Generalsekretär der CDU vom 15. 11. 2005:

"...Verbesserung: Infrage kommt hierfür (...)
die Einführung einer Opferpension ..."
mehr

 

Berlin, 4. November 2005

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

uns ist bekannt, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemeinsam mit der FDP-Bundestagsfraktion eine Gesetzesinitiative in im Betreff genannter Angelegenheit im Jahre 2003 eingeleitet hatte. Gescheitert ist diese Initiative an der Blockade der damaligen Regierungskoalition von SPD und Bündnis 90/Grüne. Wir hatten uns zuvor mit Blick auf den 50. Jahrestag des 17. Juni 1953 in einem Brief an alle Bundestagsabgeordneten gewandt und um eine gemeinsame Haltung in der Frage der Zuerkennung einer Ehrenpension für die politisch Verfolgten nachgesucht. Nachdem anläßlich des Festaktes zum Jahrestag des 17. Juni 1953 der Bundespräsident Johannes Rau, Bundesratspräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sich für eine Wiedergutmachung gegenüber den Opfern der SED-Diktatur ausgesprochen hatten, gingen alle von der berechtigten Hoffnung aus, dass nun einem Konsens der Weg gebahnt wurde. Was danach folgte, ist Ihnen bekannt: Eine moralische Tragödie!

Als Sie dann am 19.01.2005 (anbei ein Bild zur Erinnerung) durch Ihren Besuch im Haus 1 in der Ruschestraße 103 nicht nur ein Zeichen für die Unterstützung der politischen, historischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit setzten, sondern sich bei Übernahme der politischen Verantwortung in der Bundesrepublik Deutschland für die Lösung des seit 15 Jahren unbewältigten Problems bezüglich der Ehrenpension aussprachen, wurde dies als Grundhaltung und Bekenntnis zu innergesellschaftlichen Grundwerten verstanden.


Für den 18.09.2005 hatten wir aus vielen Gründen einen Erfolg unter der bayerischen Wahllosung „Zeit zum Wechsel“ erwartet. Zugleich konnten wir nach dem CDU/CSU-Wahlprogramm davon ausgehen, daß das Problem der Ehrenpension in fürsorglichen Händen liegen wird. In einem Brief vom 8.9.2005, der uns vom Empfänger Herrn Peeck zur Kenntnisnahme zugestellt wurde, bestä-tigte der Bundestagsabgeordnete Hartmut Schauerte diese parteipolitische Zielsetzung.

Die Eindeutigkeit der politischen Verantwortungsträgerschaft blieb am Wahltag jedoch aus.

Ungeachtet dessen bitten wir Sie, sehr geehrte Frau Dr. Merkel, angesichts der Ihnen zugefallenen großen politischen Verantwortung, belastet durch fahnenfluchtartiges Verhalten von politischen Amtsträgern, das Problem der Ehrenpension zum Gegenstand der Koalitionsverhandlungen zu machen und zur Bindung der regierungstragenden Parteien in die Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD aufzunehmen.

Nicht unausgesprochen wollen wir die Bitte lassen, die Entschädigung der im Frühjahr 1945 deportierten deutschen Mädchen und Frauen in diesem Zusammenhang ebenfalls einer positiven Entscheidung zuzuführen.

Ihnen viel Erfolg und persönliches Wohlergehen.


Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Dobrinski
Vorstandsvorsitzender

Carola Winkler
Vorstandsmitglied
Aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD vom 11.11.2005 (Seiten 80- 81)


Anmerkung:

Das FORUM rechnet sich zu, an diesem wohl größten Erfolg im Ringen um Wiedergutmachung gegenüber den SED-Opfern seit Erlangung der deutschen Einheit mitgewirkt zu haben.
Allerdings gehen wir davon aus, daß das „oder“ in Ziff. 11. Abs. 1 unter dem Zeitdruck der Verhandlungen entstanden ist und in der gesetzlichen Ausgestaltung zu einem „Und“ wird.
Wir hoffen auf ein Ende der Demütigung der Opfer der SED-Dikatatur.
Von großer Wichtigkeit ist aus unserer Sicht auch die Schaffung eines Gesamtkonzepts für
die Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Mit der Einberufung eines Runden Tisches im Jan./Feb. 2005 hatten wir gemeinsam mit
Help e.V. und ASTAK e. V. (Träger des MfS-Museums) die seit Jahren auf Berliner und Bundesebene zu beobachtende diesbezügliche Stagnation überwinden helfen wollen. Die mit „Neuordnung“ von Zuständigkeiten für die BStU durch den Bundesinnenminister im Okt. 2004 ausgelösten Irritationen geboten diese Initiative, um das gesamtgesellschaftliche Anliegen herauszustellen.