FORUM ZUR
AUFKLÄRUNG
UND ERNEUERUNG


 

 

Ausstellungseröffnung am 26.10.2003:
„Hier war das ganze Europa“

Berlin, den 26.10.2003


Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur
Die Ministerin Frau Prof. Dr. Johanna Wanka
Dortustr. 36
14467 Potsdam

Sehr geehrte Frau Ministerin,
gern sind wir der Einladung zur Eröffnung der heutigen Ausstellung gefolgt. Den Trägern dieses wichtigen Vorhabens, der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Ihrem Hause, soll deshalb unser Dank auf kürzestem Wege zugehen.

Zugleich, sehr geehrte Frau Ministerin, ist aus unserer Sicht festzustellen, daß sich ein großer Schatten über den heutigen Tag gelegt hat. In Ihrem Vortrag, der vor dem historischen Hintergrund Sachsenhausens in einem wesentlichen Teil der Gedenkkultur für zu beklagende Opfer im Europa nach 1945 gewidmet war, wurde mit keinem Wort, Buchstaben, Satzzeichen oder Atemzug die „Universalität“ Sachsenhausens als willkommene Stätte des Verbrechens gegen die Menschlichkeit unter totalitären Regimes auch nach 1945 erwähnt. Daran vorbeizukommen, hat nach unserem Verständnis mit (Wort)Kunst zu tun, nicht aber mit Gedenkkultur.

In Ihrem Schreiben vom 30.8.2003 haben Sie bezüglich unserer wiederholt vorgebrachten Kritik zu Tendenzen der Aufspaltung der Geschichte der deutschen/deutsch-sowjetischen Diktaturen an Orten wie Sachsenhausen, Buchenwald ... zwar widersprochen, aber die Antwort verlor sich in unglaublichen Unschärfen.

Sie führten aus: „Entgegen Ihrem Eindruck hat die Aufarbeitung der „doppelten Vergangenheit“ der nationalsozialistischen Verbrechensorte nach der Wende große Fortschritte gemacht. Immerhin war es erst nach der Wende möglich, den Grundstein zu legen für die Geschichte des Leidens der zu Unrecht Verurteilten und in der NKWD- und DDR-Zeit Verfolgten und Inhaftierten.“
Wie beispielsweise kann „Geschichte des Leidens“ als Verbrechenstatbestand nach den Statuten der internationalen Strafgerichtsbarkeit der Vergangenheit und Gegenwart (Nürnberg, Tokio, Rom...) eingeordnet werden?

Sehr geehrte Frau Ministerin, um im Sinne des letzten Satzes Ihres zuvor genannten Briefes weiterhin verfahren zu können, bitten wir Sie, uns die heute in Sachsenhausen gehaltenen Vorträge (einschließlich des von Prof. Morsch verlesenen Vortrages von Leon Lendzion, Polen) zuzustellen.

Mit freundlichen Grüßen,

gez. Reinhard Dobrinski
Vorstandsvorsitzender

Es wurde weder der Brief beantwortet noch wurden die gewünschten Redebeiträge zugestellt.